Asphaltbibliotheque
Interdisziplinäres Projekt mit Fundzetteln
„Wer findet, der sucht“
Leben und Arbeiten gehen für Brandstifter eine enge Symbiose ein, so dass zum Beispiel der Gang zum Bäcker, durch das Auflesen eines fremden Einkaufszettels, schon in Kunst ausartet. Asphaltbibliotheque ist nicht nur die Bezeichnung seiner Sammlung von Fundzetteln, sondern nach § 1 der „Benutzungsordnung“ auch alle öffentlichen Straßen und Plätze, auf denen die Exponate gesucht und gefunden werden. Das bewusste Aufheben, Aneignen, Archivieren und Ausstellen der herrenlosen Zettel durch den Asphaltbibliothekar stellt nicht nur einen künstlerischen Schöpfungsakt dar, sondern ist gleichzeitig öffentliche Performance, die sowohl als Anknüpfungspunkt für spontane Kommunikation mit neugierigen Passanten als auch mit Besuchern einer Ausstellung dienen kann.
Die Asphaltbibliotheque 1998 – 2008
Ist es 1998 in der Mainzer Galerie Walpodenstraße 21 noch ein Laubbläser, mit dem Aktionskünstler Brandstifter dem Publikum großkopierte CopyArt- Fundzettelrepliken um die Ohren bläst, entwickelt er 2001 für eine Ausstellung in Münster ein interaktives „Austauschbüro für Fundzettel“, in dem mittels Fotokopierer, Stempeln und Zertifikaten in einer bürokratischen Aktionsperformance Fundstücke mit interessierten Besuchern ausgetauscht werden. In Eckernförde, Frankfurt, Hannover und Offenbach entstehen für Einzel- und Gruppenausstellungen enorme Zettelwände, an denen Originalexponate durch spielerische Kombination untereinander jeweils neue Verknüpfungen und Interpretationen erfahren. Landartinstallationen in Ludwigshafen, „Fundzetteldepots“ in den Straßen von Berlin- Gropiusstadt 2004 und ein fließender „Fundzettelbach“ für die Blickachse 2006 in Worms bringen die A.B. schließlich immer wieder in den öffentlichen Raum zurück. 2007 Beteiligung an den Gruppenausstellungen für Anonyme Zeichner in Berlin. 2008 ein Stipendium im Künstlerdorf Schöppingen mit Vorträgen und Filmvorführungen zum zehnjährigen Jubiläum des interdisziplinären Konzepts und 2009 eine Ausstellung mit gefundenen Zetteln in und aus New York, während eines Balmoral Stipendiums als Artist in Residency.
Die Poesie der Zettel
„Die »Asphaltbibliotheque« zeigt, wie poetisch und vielschichtig eine an sich einfache Idee durch künstlerische Neuanordnung werden kann. Brandstifter versteht es, das Profane mit Poesie aufzuladen und motiviert damit auf anarchisch verspielte Weise, die alltägliche Welt als frei gestaltbares Kunstwerk zu begreifen.“
Martin Büsser, Mainz, Kunstkritiker, Buchautor, Verleger